Die Japan-Sammlung Philipp Franz von Siebolds gehört zu den wichtigsten Beständen des Museums Fünf Kontinente. Erstmals seit mehr als hundert Jahren wird sie in dieser Auswahl in München und mit solchem Aufwand präsentiert. Nicht nur Japanerinnen und Japaner sind von ihr fasziniert, denn die Sammlung ist wie eine Zeitkapsel, in der sich Japans Edo-Zeit authentisch erhalten hat.
Die achteckige Schachtel enthält eine Vielzahl fein bemalter Muscheln, jede einzelne eine eigene Miniatur. Sie stammt aus dem Japan der Edo-Zeit (1603-1868). Diese Kostbarkeit und eine Fülle von Lack- und Schildpattarbeiten, Elfenbeinschnitzereien und Porzellan, filigran gearbeiteten Buddhafiguren, sakralen Räuchergefäßen, riesigen Rollbildern mit Kunstmalereien und reich verzierten Textilien bis hin zu Spielzeugfiguren und Materialproben sind in der Sonderausstellung zu sehen. Mit etwa 300 Einzelobjekten, alle gesammelt von Philipp Franz von Siebold (1796–1866), einem Würzburger Mediziner und Naturwissenschaftler in niederländischen Diensten, bietet sie als Kooperationsprojekt mit dem National Museum of Japanese History in Sakura (Präfektur Chiba) einen imposanten Einblick in weltliches wie religiöses Kunsthandwerk Japans. Die Besucherinnen und Besucher haben Gelegenheit, sich mit der Geschichte des Sammlers und seiner Zeit auseinanderzusetzen, die Ordnungsprinzipien, nach welchen er seine Sammlung aufstellte zu erkunden und seinen enzyklopädischen Ansatz zu hinterfragen, mit dem er Japan für den Westen erfassbar machen wollte.
Philipp Franz von Siebold war als Stabsarzt in niederländischen Diensten einer der ersten Europäer, die das „Land der aufgehenden Sonne« besuchten, das seit den 1630er-Jahren seine Außenbeziehungen stark kontrollierte und reglementierte. In Japan kennt ihn heute jedes Kind – in seiner Heimat bisher nur wenige Experten und Ostasien-Enthusiasten. Seine beiden Aufenthalte in Japan von 1823 bis 1830 und 1859 bis 1862 waren geprägt von fleißiger Wissenschaftlichkeit. Einerseits profitierten japanische Patienten wie Ärzte von Siebolds praktischen wie theoretischen Kenntnissen der westlichen Medizin. Andererseits wurde er 1828 wegen des verbotenen Besitzes geographischer Karten von Japan der Spionage bezichtigt und schließlich auf Lebenszeit ausgewiesen.
Siebold ließ sich zunächst in Leiden nieder, veröffentlichte Werke zur Natur- und Volkskunde Japans und stellte seine bisher gesammelten Objekte im eigenen Haus aus, zu dem er der Öffentlichkeit Zugang gewährte. Diese Praxis wurde zum Paten für ein erstes ethnographisches Museum Europas.
Nach der Aufhebung seiner Verbannung 1858 ergab sich die Möglichkeit zu einem zweiten mehrjährigen Aufenthalt in Japan. Wiederum konnte er eine Sammlung von großer Zahl wie Qualität anlegen. Nach seiner Rückkehr bot man ihm in München die Möglichkeit zu ihrer Aufstellung. Acht Jahre nach seinem Tod 1866 kaufte der bayerische Staat im Jahr 1874 diese für die damalige »Königliche Ethnographische Sammlung« an und stellte die eindrucksvollen Objekte in einer Sonderabteilung mit der Bezeichnung »Das Siebold´sche Japan-Museum« auf. Siebold selbst hatte seine Sammlung 1864 in einem Brief an König Ludwig II. von Bayern gelobt: »Dieselbe übertrifft in vieler Hinsicht meine erste frühere Sammlung«. Es verwundert also nicht, dass sogar das japanische Kaiserpaar 2017 eine Ausstellung mit den Münchner Exponaten besuchte.
Das Museum Fünf Kontinente präsentiert die im Haus verwahrte Siebold´sche Sammlung, indem es ein historisches Konzept Siebolds aufgreift und mit moderner Ausstellungstechnik umsetzt. Das Ergebnis ist eine großangelegte Schau, die ihren Besucherinnen und Besuchern einen tiefen Einblick vermittelt. Die Schönheit, Qualität und Einzigartigkeit der Sammlung ist ein Erlebnis für die ganze Familie. Ein speziell für Kinder entwickeltes Begleitheft rundet den Gesamteindruck ab.